In den Immerlanden gibt es nicht nur zahlreiche nomadisch oder halbnomadisch lebende Völker, für welche das beständige Reisen zum ganz alltäglichen Leben gehört, auch durchaus sesshafte Leute reisen. Sie tun es zwar nicht unbedingt zum Vergnügen, doch auch sie haben die verschiedensten Gründe, lange und oftmals beschwerliche Wegstrecken auf sich zu nehmen. Auch Abenteurer verbringen einen Großteil ihrer Zeit damit, durch die Lande zu ziehen, um ihrem gefährlichen, doch meist recht einträglichen Lebensunterhalt nachzugehen – dem Bestehen mysteriöser Queste und wilder Kämpfe, dem Finden lang verschollener Schätze und der Meisterung zahlreicher Herausforderungen.
Freilich kommt ein Großteil der sesshaften Landbevölkerung in 'zivilisierten' Gegenden kaum in Verlegenheit, weitere Reisen – abgesehen vielleicht von Handwerksgesellen auf der Walz, fahrenden Rittern, Waldläufern, Jägern und Fallenstellern, Kesselflickern oder Pilgern – als bis ins Nachbardorf oder zum nächsten größeren Marktflecken zu unternehmen, doch auf den Handelsstraßen, schiffbaren Flüssen, Karawanenrouten und bekannten Seewegen herrscht dennoch reger Verkehr und es wird weit mehr umhergereist, als man auf den ersten Blick vielleicht annehmen würde.
Zudem gibt es natürlich höfische und militärische Reisen, Handelsreisen von Fernkaufleuten, die Reisen frommer Pilger zu den berühmten Heiligtümern und Kultstätten und die Entdeckungsfahrten der Gelehrten und Naturkundler im Namen von Wissenschaft und Forschung. Händler und Kaufleute, Handwerksburschen, Spielleute und Schausteller sind ohnehin ständig unterwegs, wenn auch nicht unbedingt gleich immer auf Reisen, die sie vom einen Ende des Kontinents zum anderen führen würden. Das Reisen zu Fuß, zu Pferd oder in Kutschen und mit sonstigen Gefährten mag zwar mitunter anstrengend und mühsam sein, doch seit dem langen Frieden nach der Zeit des Blutes und der Kleinkriege werden die alten imperialen Straßen wieder ordentlich Instand gehalten, die Reisestrecken kontinuierlich ausgebaut und unbefestigte Wege durch neue Brücken und Straßen ersetzt – all das macht das Umherreisen zunehmend komfortabler, leider treibt es auch Wegzölle und Pflasterschillinge in die Höhe.
Gefährlich ist das Reisen in den Immerlanden dennoch, und ist man selbst kein Wegelagerer mit Raubritterambitionen oder ein wehrhafter Abenteurer oder erfahrener Wandersmann, so tut man gut daran, sich Karawanen und Reisegesellschaften anzuschließen, wagt man sich hinaus in Wald und Wildnis. Ein altes Sprichwort sagt zwar, zu Cobrins Zeiten seien die Großen Handelsstraßen so sicher gewesen, dass eine Jungfrau splitterfasernackt von Qum'Ran bis hinauf nach Sichelstadt auf ihnen hätte wandern können und ihr wäre nicht ein Haar gekrümmt worden, doch von solch paradiesisch sicheren Zuständen ist man selbst im bisher recht friedvollen fünften Jahrhundert des Fünften Zeitalters noch weit entfernt und nicht einmal die Shakh oder der Frostweg, geschweige denn die Große Nordstraße oder die Straßen gen Osten sind wirklich sicher, erst recht nicht fernab der großen Städte und geschäftigen Marktflecken an ihrem Rand.
Der moderne Handel stellte eine der Grundlagen für die gern als 'zivilisiert' angesehenen Länder und Reiche in den Immerlanden dar, zu denen gemeinhin das Königreich Immerfrost, die Rhaín-, Herz- und Drachenlande, Ardun, Normand und Laigin und in gewisser Weise auch das Einflussgebiet des azurianischen Städtebundes, natürlich die Elbenlande und die von den Armielaya bewohnten Sommerinseln zählen. Die großen Handelsstraßen und Karawanenrouten dienen nicht nur dem Transport von Gütern und Waren, sondern auch dem Austausch von Ereignissen, Wissen und Kultur. Diese Handelswege verbinden Länder und Völker, und stellen nebenbei auch Hauptreiserouten für Wanderer, Gelehrte, Entdecker, Pilger und Abenteurer dar. Von den Schiffsrouten der Hanse, den großen befestigten Straßen und den Karawansereien bis zu den fahrenden Händlern und Krämern sorgt der Handel somit auch für ein stetig wachsendes Netz an Handelsrouten und Reisewegen.
Die Mittel zu Fortbewegung sind selbstverständlich von Land zu Land und Region zu Region sehr unterschiedlich - sie reichen von den Meharas und den Azurianischen Dreihörnern der großen Wüsten des Südens über die Ochsenkarren, Reitpferde und Wagen der gemäßigten Breiten bis zu den Donnerechsen und Schlittengespannen in Immerfrost und im gesamten Norden.
Selbstverständlich gibt es auch Flöße, Boote, Treidelkähne und Schiffe als bequeme Reise- und Handelsmöglichkeit sowohl auf Flüssen und Seen, als auch auf den Meeren – wenn auch in relativer Nähe der rettenden Küsten, denn wirkliche Hochseeschifffahrt wird noch nirgends ernsthaft betrieben, auch wenn es in den Rhaínlanden seit einiger Zeit ernsthafte Bemühungen gibt, die Grenzen von Amurs Schild auszuloten und nicht vielleicht doch irgendwo mögliche Passagen über das Silbermeer in die unbekannten Weiten Rohas vorzustoßen.
Besondere Möglichkeiten zu weiteren Reisen auf gänzlich anderen Wegen sind nur den arkanen Magiern in die Hand gegeben. Priester bedienen sich zwar ihrer göttlichen Gewirre durchaus auch für längere Reisen, doch nur Magier können sowohl das Arkane Netz, als auch die Mondtore für längere Reisen und größere Entfernungen nutzen. Aus diesem Grund stellt die Gilde der Arkanen Künste dieses Netz auch - gegen Entgeld - als schnellen und sicheren Handelsweg für zahlungskräftige Kaufleute und deren Handelswaren, für Abenteurer oder Pilger zur Verfügung.
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