~ Die Ältesten Wesen ~

 

Die Einhörner

Noch bevor die Götter, die die Götter formten,
sahen, wie das erste Morgenrot verlief,
da ward mein Weiß herausgenommen
aus dem Leib des Mondes...


Die Einhörner wurden als letzte der Ältesten Wesen erschaffen und in den uralten Legenden heißt es: Nachdem die Drachen über den Himmel zogen, die Harpyien ihre Lieder sangen und der Phönix mit seinem Strahlen die Dunkelheit erhellte, ruhten die Götter einen Augenblick und erfreuten sich an den ersten Wesen Rohas. Doch schließlich erhob Faêyris, die Mondenmutter, ihre Stimme zu einer Melodie so rein und strahlend, dass alle anderen zunächst nur schweigen konnten. Die Göttin nahm eine Handvoll Nachtwind und sprach zu ihm: Forme dich, und du wirst zu einem wundervollen Geschöpf werden! Sie nahm das reinste Weiß aus dem silbernen Mondtau, der noch niemals von der Sonne berührt, noch keinen Tropfen seines Silberlichtes vergossen hatte und gab es dem Nachtwind zur Gestalt. Nun fielen auch die anderen Götter in ihr Lied ein und die Einhörner wurden geschaffen.
Äußerlich gleichen sie auf den ersten Blick edlen weißen Pferden und nur jene, die in ihren Herzen rein und voller Unschuld sind, können ein Einhorn erkennen - es sei denn, es offenbart sich selbst. Für alle anderen wird es nur ein außerordentlich schönes, aber ganz und gar gewöhnliches weißes Pferd sein.


Die Augen eines Einhorns sind schwarz wie die Nacht und weder Licht, noch Sterne spiegeln sich darin. Auf ihren edlen, schmalen Köpfen tragen sie ein elfenbeinweißes, gedrehtes Horn, lang und mattschimmernd und tödlich spitz. Mähne und Schweif sind sehr lang und leicht gewellt, die kleinen, festen Hufe über den schmalen Fesseln eisenhart und schwarz. Kein anderes Tier der Immerlande vermag zu laufen wie ein Einhorn und die Legenden künden, es fliege ohne Flügel, wurde es doch aus dem Nachtwind selbst geformt. Nichts Böses vermag in den Hain eines Einhorns einzudringen, nichts Böses kann einem Einhorn ein Leid zufügen. Die Einhörner jedoch vertreiben die Finsternis und zerstören das Dunkel wohin immer sie gehen und heiligen mit ihren Hufen den Boden... So heißt es in einem alten Lied der Elben, jenem Volk, das die Einhörner von jeher sehr verehrt hat. Die Weisesten der Alchemisten sagen, das Horn eines solchen Wesens besitze sagenumwobene Kräfte: es habe die Macht, alle Krankheiten zu heilen, jedes Gift zu erkennen und seine Wirkung zu bannen.Dennoch würde es niemand wagen, das Sakrileg zu begehen und ein Einhorn zu töten, denn jeder, der Hand an diese wunderbaren Wesen legen würde, wäre verflucht und verdammt auf immer. Manchmal jedoch mögen Großmut und Güte ein Einhorn veranlassen, die Bitte eines Notleidenden zu erhören und ihm aus freien Stücken beizustehen.


Einst, als die Einhörner die ganzen Immerlande durchstreiften, fanden sie den Dunkelwald und blieben fortan im Schatten seiner Bäume. Sie sind die Bewahrer uralten Wissens, die Hüter jener Unschuld, die nur reinen Herzen innewohnt, doch ihr Sanftmut trügt, ebenso wie die scheinbare Idylle ihrer geheimnisvollen Heimat - auf der Suche nach jenen wundersamen Kreaturen fand schon so mancher in den grünen Tiefen des Dunkelwaldes einen grausamen Tod.

 

Einhorn


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