~ Die Ältesten Wesen ~

 

Die Phönixe

 

Von den vier mächtigen ältesten Wesen, welche die Götter vor dem Anbeginn der Zeit erschufen, sind die Phönixe sicherlich die geheimnisvollsten und mysteriösesten. Ihre Körper erinnern an schlanke, hochbeinige Adler, doch sind sie sehr viel größer und ihre feurigen Schwingen erreichen wahrhaft beeindruckende Ausmaße. So wie das Einhorn für die Reinheit, der Drache für die Kraft und die Harpyie für die Weisheit steht, so symbolisiert der Phönix das Feuer der Lebendigkeit, ja das Leben selbst, denn er allein von allen Wesen stirbt, verbrennt zu Asche und wird dann aus sich selbst wiedergeboren. Phönixe tragen ein flammendes Federkleid in allen leuchtenden Rot- und Goldtönen. Es ist sehr weich und dicht, und schimmert und schillert wie lebendiges Feuer, das hell und leuchtend gegen die Dunkelheit brennt. Ihre langen, seidigen Schwanzfedern glänzen metallisch und sind überaus prächtig anzusehen, und wenn die feurigen Tiere sich bewegen und über die mächtigen Wipfel der Urwaldriesen hinwegfliegen, scheint es oft, als zögen sie dabei eine Kaskade glitzernder kupferner und rotgolden glühender Funkenschauer hinter sich her.


Wie alle Ältesten Wesen sind auch die Phönixe unsterblich und mächtig, stehen für das Leben und seinen ewigen Kreislauf, aber auch für Wiedergeburt und Wiederauferstehung. Diese Vorstellung hat sogar mit der Redewendung "Wie ein Phönix aus der Asche" für etwas oder jemanden, der schon verloren geglaubt war und nun doch wieder erscheint oder aufersteht, in den Sprachgebrauch vieler Völker Einzug gehalten. Mag der Phönix auch nicht als so weise gelten, wie die Harpiya, ist auch er sehr klug, versteht alle Sprachen, die je gesprochen wurden, kann in Gedanken lesen und besitzt Kenntnis von vielen Dingen, die den Völkern und anderen, selbst mächtigen Wesen Rohas verborgen bleiben.  In den alten Sagen der Gründerrassen heißt es, dass es vor langer, langer Zeit der Phönix und die Harpiye gewesen wären, welche gemeinsam die Vögel erschaffen hätten. Da jedoch allein die Götter Roha mit lebendigen Wesen bevölkern durften, mussten die beiden ältesten Wesen den Preis dafür bezahlen: die Harpyie verlor den Liebreiz ihrer Stimme, der Phönix seine Unsterblichkeit für ihren Frevel. Seither, so künden die Legenden,  muss er in einem immerwährenden Kreislauf aus Werden und Vergehen sein Dasein fristen und verbrennt sich selbst jeden Zwölfmond einmal zu Asche, aus der er wieder aufersteht.


Es heißt auch, die Stimme eines Phönix klinge wie eine gewaltige, bronzene Glocke und wer sie je hören würde, müsse taub werden, sein Gefieder hingegen gleiße und strahle im hellen Sonnenlicht so hell und blendend, dass man sein Augenlicht verlieren müsse, würde man direkt hineinblicken, ganz so, als schaue man direkt in die Sonne. Phönixe besitzen gewaltige magische Kräfte und können jegliche Art von Magie auch erspüren, doch selbst ohne diese wundersame Macht sind sie ob ihrer Größe und Kraft äußerst wehrhafte Wesen. Ihre kräftigen Klauen können furchtbare Wunden schlagen, ebenso wie ihre glühend heißen, scharfen und gebogenen Schnäbel. Ihr Gefieder kann Funken sprühen, das alles um sie her in Brand zu stecken vermag, während sie selbst gegen jedes Feuer unempfindlich sind.


Bis zum Ende des Vierten Zeitalters waren Phönixe überall im Süden der Immerlande beheimatet, wo es Urwald und undurchdringliche Wälder gab, doch seit dem Fall des Imperiums von Ûr und den verheerenden Zerstörungen, die jahrzehntelang jene Lande heimsuchten, haben sich die Feuervögel auf die zahllosen unbesiedelten, von wildem Dschungel bewachsenen Eilande der Sommerinseln zurückgezogen. Phönixeiern und ihren Federn sagt man gewaltige Zauberkraft nach. Es heißt, allein das Ei eines Phönixes vermöge es, einen Toten in die Welt der Lebenden zurückzuholen und seine Seele aus Sithechs Hallen auszulösen, wenn sein Körper nicht der Verwesung und dem Zerfall anheimfiel. Eine glänzende Feder des feurigen Gefieders jener Wesen  aber – von kundigen Alchemisten mit allerlei anderen, nicht weniger geheimnisvollen und schwer zu erlangenden mächtigen Zutaten zu einem Trank gebraut -  könne  jede Wunde, jede Krankheit, alle Verletzungen und selbst die schlimmsten Seuchen und Pestilenzen heilen, jedes Gift unwirksam machen, alle angeborenen Leiden verschwinden lassen und jeden Wahnsinn, jede Trübung und Verwirrung des Geistes kurieren. Doch schon seit mehr als fünf Jahrhunderten hat kaum ein Immerländer mehr einen Phönix zu Gesicht bekommen, und so existieren sie heute, im Fünften Zeitalter der Welt, bei vielen Völkern nur noch als leuchtende Erscheinungen in alten Sagen und Geschichten...

Phönix

 

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