~ Der Streit der Brüder ~

 

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inst, vor langer Zeit, als die Welt jung war und die Götter noch in ihrer fleischlichen Gestalt auf Rohas Rund wandelten, entbrannte ein erbitterter Streit zwischen Amur, dem großen Gott der Meere und allen Wassers, und seinem Bruder Vendis, dem allmächtigen Gebieter der Winde und Stürme. Vendis der Windgott machte Ansprüche auf Amurs blauschimmerndes Reich geltend, weil er der Ansicht war, dass kein Ozean ohne Wind und Wolken bestehen könne und ihm ein Anteil daran zustünde. Der mächtige Amur wollte dies jedoch nicht einsehen und weigerte sich, seinem Bruder auch nur einen Wassertropfen abzugeben. So stritten sie verbissen um die Herrschaft über die Meere und Flüsse, und während dieser Zeit tobten die schlimmsten Stürme über das Land und orkanartige Fluten ergossen sich vom Himmel. Amur schließlich, von Vendis' unnachgiebigen Forderungen maßlos erzürnt, schmetterte in seinem Zorn sein göttliches Runensymbol, eine wogende Welle, in den Ozean, wo sie in dreizehn große und unzählige kleine Teile zerschellte – und jeder Splitter der göttlichen Rune wurde zu einer der Inseln, die die Völker der Immerlande heute Sommerinseln nennen, die Inseln des Sommers.


Der Rat der Götter sprach schließlich ein Machtwort, bevor die beiden wilden Brüder in ihrem Streit am Ende noch den ganzen Kontinent im Meer versenken würden. Von nun an herrschte wieder Ruhe in den Weltmeeren. Jahrtausend um Jahrtausend entwickelten sich die Inseln zu ihrer vollen Schönheit und lange Zeit hielten sich die Götter von dem Ort des Streites fern, so dass das Land und die Natur ungestört durch Zwist und Hader gedeihen konnten. Doch Vendis rührte sich erneut, denn eines der Eilande erregte seine Aufmerksamkeit, eine Insel des Archipels, die in ihrer Schönheit und ihrem Reichtum so hell erstrahlte, als würde sie aus purem Gold bestehen - Faênayrkion, die Goldgekrönte. Wieder entbrannte ein erbitterter Streit, der damit endete, dass Amur die Insel zornig im schäumenden Meer versenkte, damit Vendis sich ihrer nicht bemächtigen konnte. An ihrer Stelle hob er Amrunsval aus dem Meer, die Insel der Sümpfe, die so grau und öd und garstig war, dass sich Vendis angewidert von ihr abwandte und nie wieder irgendwelche Ansprüche an seinen Bruder stellte. Noch heute werden an den Lagerfeuern und in den Tavernen uralte Legenden über die sagenhafte Schönheit und den Reichtum der Goldinsel Faênayrkion erzählt, und viele Abenteurer haben sich aufgemacht, das legendäre goldene Eiland im Südmeer zu finden. Ob es jedoch jemals wieder aus den Fluten des Unendlichen Ozeans auftaucht oder gefunden werden wird, steht jedoch in den Sternen und nur die Götter allein wissen, wo sie sich befindet.

 

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