~ Die Nordischen Königskriege ~

 

In den ersten Jahrzehnten und Jahrhunderten nach der Eroberung Dúnes galten in Normand weiterhin die althergebrachten und ungeschriebenen Gesetze der Barbarenstämme, die sich hier ansiedelten und fortan Normander nannten. Daraus ergab sich, dass auch für die Thronfolge des noch jungen "Königreichens" die gleichen überlieferten Regeln galten, wie für die Erbfolge, allerdings auf die männlichen Nachkommen beschränkt. Das bedeutete, dass durchaus mehrere Söhne eines Herrschers gleichzeitig und miteinander oder nebeneinander König werden konnten. Zwischen ehelichen und außerehelichen Söhnen wurde kein Unterschied gemacht und die Königswürde konnte auch über eine Frau vermittelt werden. Wenn sie königlicher Abstammung war, so konnte sie zwar nicht selbst herrschende Königin werden, aber ihr Sohn konnte es, wenn dessen Thronanspruch auch stets der schwächere war. Die Abstammung allein reichte jedoch nie aus und machte noch keinen König. Das freie Volk - das heißt alle freien und mündigen Männer - musste den Thronanwärter auf dem Allmannathing auch noch als solchen akzeptieren. Die Königsannahme oder Kongúrstekja war - und ist es auch heute noch -, eine eigene kultische Huldigungs-Zeremonie, die auf dem Allmannathing vollzogen wurde und wird.


Solange die Wirkungsmöglichkeiten und Machtausübungen eines Königs in Normand sich auf die Umgebung des Ortes beschränkten, an dem er sich gerade aufhielt oder Aufgabenbereiche und Kompetenzen klar verteilt waren und sich die Herrscher gut verstanden, war das gemeinsame Königtum mehrerer Brüder nicht weiter problematisch. Das änderte sich jedoch dramatisch, als im Jahr 248 FZ die Zwillingskönige Drængr und Dagnýr Wæfrejar ohne jeden legitimen Nachfahren starben. Nun war ihr jüngerer Bastard-Bruder Sigurður Ardunafari, bisher Mit-Herrscher der beiden Verstorbenen, nach deren Tod alleiniger König Normands. Sigurður Ardunafari versuchte durchzusetzen, dass künftig nur noch ein König herrschen sollte und setzte seinen (legitimen) Sohn Margeirr (geboren 234 FZ) zum alleinigen Thronerben ein.


Da jedoch erschien Agnarr Drængrson auf der Bildfläche der Geschichte, behauptete ein Bastard König Drængrs zu sein und bewies das auch durch ein Götterurteil und einen Griffinstein (er war tatsächlich ein Sohn des toten Königs). Sigurður akzeptierte zwar notgedrungen, dass Agnarr Drængrson ebenfalls Anspruch auf den Thron habe, nahm ihm aber das Versprechen ab, diesen Anspruch nicht zu Lebzeiten von seinem Sohn Margeirr geltend zu machen. Diese Forderung stieß bei den meisten Lairds und Jarlen Normands jedoch auf allgemeines Unverständnis und führte nach dem Tod Sigurðurs zum Nordischen Königskrieg, der fast ein Jahrhundert andauern sollte. (Ein weiterer, nicht ganz unwichtiger Grund mag gewesen sein, dass Agnarr aufgrund seines freundlichen und umgänglichen Wesens, seiner Tapferkeit und natürlich seines Könnens mit dem Schwert recht rasch viele Anhänger und Bewunderer im Volk und bei den königlichen Lehnsleuten gewinnen konnte. Das beruhte auch auf seiner großen Freigiebigkeit. Demgegenüber war Margeirr schon zu König Sigurður Ardunafaris Lebzeiten ausgesprochen unbeliebt, galt als geizig und hochmütig.)


Zum Zeitpunkt von Sigurður Tod im Jahr 256 FZ in Bærum war sein Sohn Margeirr in Kingsala und ließ sich dort sogleich zum König ausrufen. Agnarr war in Otta und ließ sich auf dem dortigen Haugathing in der Stadt ebenfalls zum König erklären. Er war so beliebt und genoss so große Unterstützung - vor allem bei den Schiffsjarlen - dass ihn Margeirr als Mitkönig akzeptieren musste. Im Herbst 256 FZ wurden beide als Könige auf dem Allmannathing bestätigt. Nur vier Jahre später kam es zwischen Agnarr und Margeirr jedoch in Kingsala zum offenen Streit und als sie sich trennten, beschloss Margeirr Agnarr aus dem Land zu vertreiben. Beide hoben im Süden Normands Truppen aus und es kam im Beerenreif 261 FZ zur Schlacht von Borja, der ersten Schlacht des Königskrieges. Margeirr ging als Sieger hervor, doch der Thronstreit weitete sich rasch auf die übrigen Lairdmarkas Normands aus, da sie alle miteinander durch Eid und Ehre, Blutschwüre, wechselseitige Heiraten und Bündnisse verknüpft waren. In diesem Geflecht kam den Königinnen eine besondere Rolle zu, denn durch sie wurde das Geschlecht weitergeführt, und über die Erbschafts- und Thronfolgeregeln konnten auch bedeutende wirtschaftliche und materielle Ressourcen die Königshäuser wechseln - energische Königinnen hatten (und haben) einen immensen politischen Einfluss in Normand.


Nach der Niederlage von Borja suchte Agnarr Unterstützung bei den westlichen Lairds, also im Fjarland und in Vestfirðir, und bekam diese auch, da er im Jahr zuvor Hlaðgerðr, die Tochter Laird Sólgerð Hallandrs von Vestfirðir geehelicht hatte, die über ihre Mutter Hlif Þórkætillsdottár von Bærum wiederum eine Enkelin Þórkætill Bæringurs, des damaligen Lairds von Fjarland, war. Mit ihr hatte er zwei legitime Söhne, Haraldar (geboren 261 FZ) und Hróaldr (geboren 263 FZ). Im Winter 263 FZ, nach Ende der Raunächte, in denen traditionell nicht gekämpft werden darf, überfiel Agnarr Drængrson Margeirr in Kingsala mit überlegenen Truppen. Margeirr wurde gefangengenommen, und Agnarr ließ ihn blenden, ihm die Schwerthand abschlagen und ihn kastrieren. Derart verstümmelt schickte er ihn - Brudermord war inakzeptabel - zur Frostwache auf die Lange Mauer. Aber es gab im Verborgenen noch mehr Thronanwärter, da die beiden Zwillingskönige Drængr und Dagnýr es zwar anscheinend nie für nötig befunden hatten, sich Felsweiber zu nehmen und mit ihnen legitime Söhne zu zeugen, sich jedoch offenbar zahlreiche Salzweiber - oder Geliebte - gehalten hatten, wo immer sie hingekommen waren... und deren Söhne waren nach altem Stammesrecht ebenfalls thronfolgeberechtigt. Schon 264 FZ tauchte in Kingsala bei König Agnarr ein gewisser Sigurður Dagnýrsson auf, der behauptete, ein Bastard König Dagnýrs und damit ein berechtigter Mit-König zu sein, verweigerte jedoch ein Götterurteil oder eine Steinprobe, und erst recht den Holmgang. Die Gefolgsmänner Agnarrs jagten ihn aus der Stadt und er entkam nur mit knapper Not. Im Herbst des nächsten Jahres kehrte er nach Kingsala zurück und tötete mit einigen Verschwörern im Langschnee 265 FZ den König im Bett seines Salzweibes an Bord seines Schiffes Skíðblaðnir. Damit es kein Mord und erst recht kein "Verwandtenmord" war, bekannte Sigurður den Totschlag am nächsten Tag öffentlich und forderte die Königsherrschaft. Er konnte so jedoch kaum Anhänger und erst recht keine Lairds für seine Sache gewinnen, da die Erschlagung des Königs im Schlaf gleichwohl als verachtenswertes 'Neidingswerk' angesehen wurde. Daraufhin holte Sigurður der Königsmörder Margeirr den Blinden von der Mauer und aus der Frostwächtergarde.


Die Lairds und Jarle der Westlande, die Agnarr unterstützt hatten, fürchteten nun, dass Sigurður der Königsmörder sich nach Austurland, wo die Sippe seiner Mutter lebte, und nach Tronje und Trondheimr wenden würde, wo er hoffen konnte, Anhänger von Margeirr dem Blinden zu gewinnen. Eilig trafen sie Vorkehrungen und erreichten, dass in Kingsala der erst vierjährige Sohn Agnarrs, Haraldar Agnarrson, trotz der Bedenken und Vorbehalte zahlreicher Lairds und Jarle (nicht wegen seiner Abstammung, sondern wegen seines Alters) auf einem eilig einberufenen Thing zum König bestimmt wurde. Einer der führenden Männer auf dem Thing war Óttarr Vendilkráka aus der mächtigen Ynglingrjarsippe des Westens, der später die Witwe Agnarrs, Königin Hlaðgerðr ehelichte. In Folkvangar wurde dann auf dem Allmannathing 266 FZ auch noch der erst dreijährige Hróaldr Agnarrson zum Mitkönig ausgerufen. So kam es in Normand erneut zu einem Doppelkönigtum. Agnarr Drængrson hatte sich durch Heirat die Unterstützung der Westlairds gesichert, doch als die Kinderkönige gekrönt wurden, schlugen sich die Skjaldarjar, die mächtigen Jarle von Levangr in Fjarland, auf die Seite Margeirrs des Blinden und schwächten damit die Heere der Agnarr-Anhänger.


Sigurður, der landauf landab längst nur noch Kongrban, "Königsmörder" genannt wurde, sammelte eine Truppe am Slidur, wurde aber von den Getreuen des Kindkönigs Hróaldr bei Bleyta geschlagen, worauf er raubend und plündernd umherzog, weshalb man seine Truppen bald als Hervækíngr, als Seeräuber, bezeichnete, bevor er sich in den damals kaum besiedelten Nordosten absetzte. In diesen Wirren griffen die Jarle von Levangr Kingsala an, plünderte es und brannte es bis auf den Amberstein nieder, dann zogen sie wieder ab. Im Sommer 268 FZ zogen der 'Kongrban' und Margeirr der Blinde von Osten her aus und plünderten an der Süd- und Westküste des Frodesunds. Sie überwinterten im Skarfjorden und begegneten im Frühjahr 269 FZ mit ihrer Flotte vor Myrme den vereinigten Kräften der Kinder-Könige Haraldar und Hróaldr Agnarrson. Diese hatten Vestfirðir und das Fjarland hinter sich, ihre Gegner jedoch die Lairds und Jarle von Trondheim und Tronje sowie einige Jarle Austurlands, während sich Vingarður heraushielt – und sie verloren die Schlacht im Myrmefjord. Margeirr der Blinde wurde getötet, der Königsmörder Sigurður Dagnýrsson gefangen genommen, gehäutet und erschlagen. Doch noch kehrte keine Ruhe ein, denn im Jahr 272 FZ behauptete ein einfacher Krieger, der durch Stärke, Klugheit und Kalkül zum Schiffsjarl mit eigenem Gefolge aufgestiegen war, ein weiterer Bastardsohn Drængr Wæfrejars zu sein. Dieser Mann, Sveinn Tjúguskegg, konnte ebenfalls beweisen, dass er nicht nur Drængr Wæfrejars leiblicher Sohn, sondern auch ein anerkannter Bastard war.


Er bestand zudem Götterurteil und Steinprobe, außerdem schworen seine Mutter und deren Sippe heilige Bluteide, dass Drængr Wæfrejar sie gefreit habe, zur Heirat sei es nur aufgrund seines Todes nicht gekommen. Sveinn Tjúguskegg erwies sich damit tatsächlich als Halbbruder des ermordeten König Agnarr und obendrein als so etwas wie ein - zumindest beinahe - legitimer Königserbe. Außerdem war er zu jener Zeit bereits 24, ein erwachsener Mann und ein kampferprobter und starker Krieger, der sich auf dem Schlachtfeld bewiesen hatte - etwas, das die Kindkönige kaum von sich behaupten konnten. Allerdings war er von bescheidenerer Herkunft. Charismatisch und überzeugend wie er war, konnte er die Lairds auf dem Allmannathing des Jahres 273 FZ dazu bringen, ihn zum Mitkönig zu wählen und obendrein zum Regenten und Vormund seiner beiden Neffen Haraldar und Hróaldr zu bestimmen. De facto war er damit Alleinherrscher. Er bot sogar an, Agnarrs Witwe Hlaðgerðr zu ehelichen, doch dies wusste Óttarr Vendilkráka, Jarl der mächtigen Ynglingr, zu verhindern, indem er sie rasch selbst und - wie manche behaupten - gegen ihren Willen zum Weib nahm. Die Ynglingr wurden daraufhin so mächtig, dass Sveinn Tjúgusskegg nichts anderes übrig blieb, als Óttar Vendilkráka selbst zum Laird zu ernennen und ihm die Lande des äußersten Südwestens -Suðurnes - zum Lehen zu geben. Als die beiden Kindkönige heranwuchsen, erhielten sie ebenfalls jeder sein eigenes Gefolge.


Doch mit ihrem Älterwerden kamen auch Spannungen zwischen ihnen auf, besonders aus dem Kreis von Hróaldr Agnarrson, der in Obhut seiner Mutter und seines Ziehvaters Óttar Vendilkráka aufgewachsen war. Gleichwohl kam es zunächst nicht zu kriegerischen Auseinandersetzungen und das von Schlachten und Kämpfen gezeichnete Land konnte etwas zur Ruhe kommen und Atem schöpfen. König Hróaldr saß im Westen, König Sveinn in Kingsala und König Haraldar in Træna. Ab dem Jahr 285 FZ nahmen die Konflikte zwischen den Königen jedoch enorm zu und nur vier Jahre später, 289 FZ, flammten die Kämpfe um die Königswürde erneut auf. König Hróaldr wollte zuerst von einer Verschwörung seiner Mitkönige erfahren haben, ihn abzusetzen, dann hieß es, König Haraldar freie die Tochter des Lairds von Vingarður, die Hróaldr für sich wollte, was ihn letztlich dazu veranlasste, seinen Bruder im Sommer 290 FZ anzugreifen. Haraldar wurde überfallen und erschlagen. 291 FZ kam es zu einem Waffenstillstand und Verhandlungen zwischen König Sveinn und König Hróaldr, die jedoch nicht zum Frieden führten und schon gar keine Einigkeit schufen. 292 FZ kam es zu einem erneuten Kampf. Sveinn musste vor der Übermacht Hróaldrs fliehen, der klug geheiratet und nun Suðurnes, Vestfirðir, das Fjarland - bis auf die nach wie vor rebellischen Jarle von Levangr - und Vingarður auf seiner Seite hatte. Doch Sveinns Schiff, die Skíðblaðnir, die schon König Agnarr kein Glück gebracht hatte, wurde eingeholt und versenkt.


König Sveinn wurde im Lysefjorden erschlagen und die Männer König Hróaldrs behaupteten, Sveinns legitimer Sohn und Erbe Lífgjarn Sveinnson sei zusammen mit seiner Mutter Königin Ragnhild, Tochter des Lairds von Austurland, im Meer ertrunken. In Wahrheit waren jedoch weder Ragnhild, noch ihr Sohn tot, sondern wurden von Skærðir Stormr, einem Schiffsjarl und Gefolgsmann Sveinn Tjúgusskeggs, und seinem Hund aus dem eisigen Wasser gerettet und in Sicherheit gebracht. Die Gefolgschaften der getöteten Könige Haraldar und Sveinn organisierten den Widerstand gegen König Hróaldr, der Baugheiðr, die Tochter des Lairds von Vingarður zum Felsweib genommen, jedoch zwei Jahre darauf - 294 FZ - noch immer keine Kinder mit ihr hatte. Davon, dass Ragnhild und ihr Sohn Lífgjarn am Leben waren, wusste damals niemand, denn Skærðir Stormr hielt sie gut verborgen. Die - aus Hróaldrs Sicht - verräterischen Aufwiegler hatten ihre größte Unterstützung natürlich im Süden und Osten, in Trondheim, Tronje und Austurland, und erhoben - in vermeintlicher Ermangelung eines Erben Sveinn Tjúgusskeggs - einen anerkannten Bastard König Haraldars und damit Neffen Hróaldrs, den zehnjährigen Hákon Haraldarson, außerhalb der Thingversammlung zum König. Im Winter darauf wurde Hákon Haraldarson vom Allmannathing unter den Augen eines zähneknirschenden Hróaldr als Mit-König bestätigt. Da er noch ein Kind war, führte Jarl Roðrekr Sigviðrson, sein Großvater mütterlicherseits, die folgenden Kämpfe in dessen Namen.

 
Dieses Vorgehen führte zu harten Gegenmaßnahmen von König  Hróaldr. 295 FZ kam es zu ausgedehnten Raubzügen in Austurland und Tronje, weil Hákon dort unterstützt worden war. Und es begannen sich Vækíngrbanden, also Räuberhorden, herauszubilden, die alles plünderten und niederbrannten, womit sie nicht durch Sippenverflechtungen verbunden waren. Die Raubzüge 295 bis 298 FZ führten zu spontanen Zusammenschlüssen der betroffenen Bevölkerung unter ihren Jarlen und Lairds, um diese Überfälle abzuwehren. König Hróaldr besiegte die Truppen König Hákons in der Schlacht bei Folkvangar im Jahr 299 FZ. Hákon floh nach Tronje, sammelte ein Heer und zog nach Trondheimr, von da nach Vingarður, dessen Osten er verheerte und über den Frodesund nach Austurland. König Hróaldr verfolgte ihn, hatte aber mit Zwist und Uneinigkeit unter seinen eigenen Lairds zu kämpfen und verlor den Zusammenhalt seiner Truppen, nachdem der Laird von Vestfirðir ihm die Gefolgschaft aufkündigte. Im Eisfrostmond des Jahres 300 FZ kam es zum Kampf zwischen König Hróaldr und König Hákon bei Otta, doch ein Teil des Heeres König Hróaldrs lief zum Feind über und er selbst wurde durch einen Wurfspeer getötet. Nun war Hákon alleiniger König Normands und wurde auf dem Allmannathing des Jahres 301 FZ auch als solcher bestätigt.


Óttar Ynglingr, genannt Óttar Vendilkráka, Laird von Suðurnes, konnte keine Getreuen des gefallenen Königs und seines Ziehsohnes Hróaldr um sich scharen, da es keinen Nachfolger gab, den er hätte zum König krönen lassen können. Denn Hróaldr hatte keine Nachkommen hinterlassen, sein Bruder Haraldar hingegen schon - und Laird Sólgerð Hallandr von Vestfirðir, inzwischen ein sehr alter Mann und der Vater seiner Frau Hlaðgerðr, Witwe König Agnarrs und Mutter Hróaldrs und Haraldars, verweigerte Óttar jegliche Unterstützung und stellte sich auf die Seite seines lebenden Urenkels König Hákon Haraldarson. Doch Óttar war ein rachsüchtiger und nachtragender Mann, und ermordete König  Hákon, obwohl dieser ihn - trotz seiner offenen Anfeindungen - als Laird von Suðurnes belassen und ihm wiederholt Friedensangebote gemacht hatte. Er tötete den jungen König  auf einer gemeinsamen Winterjagd im Wæfreland und da ihm der Zufall in Form eines wilden Keilers zu Hilfe kam, den das Blut angelockt hatte, gelang es ihm sogar, der Königsgarde den Mord als Jagdunfall zu verkaufen und so vollkommen ungeschoren davon zu kommen. Hákon Haraldarson, Enkel König Agnarrs, wurde nur neunzehn Jahre alt.


Bevor nun erneut alle unmöglichen und möglichen Thronanwärter wie Pilze aus dem Boden schießen konnten, offenbarte sich Königin Ragnhild auf dem Allmannathing des folgenden Frühlings, also 302 FZ, und präsentierte den versammelten Lairds und Jarlen mit einer flammenden, aber auch klugen Rede, die an Vernunft und Besonnenheit nach mehr als fünfzig Jahren Thronkrieg appellierte, ihren zwölfjährigen Sohn Lífgjarn Sveinnson als legitimsten Wæfre-Erben und Nachfolger der Königswürde. Das Allmannathing beriet drei Tage und drei Nächte darüber und entschied schließlich, dass Lífgjarn Sveinnson tatsächlich den stärksten Anspruch habe. Die Lairds scheuten sich dennoch davor, erneut ein Kind zum König zu krönen und das ganze Land damit womöglich wieder in Kriege und Machtkämpfe zu stürzen, vor allem angesichts der Tatsache, dass allein in den drei Tagen der Beratung schon drei angebliche Bastardsöhne und eine Bastard-Tochter Margeirr Sigurðursons (gezeugt vor seiner Verstümmlung) aufgetaucht waren. Zwei der Bastarde und die vermeintliche Tochter (die darüber hinaus mit Guðmundr Skjaldar, Jarl von Levangr, vermählt war und ihm bereits drei gesunde Kinder geschenkt hatte), waren auch bereit, Götterurteile und Steinproben auf sich zu nehmen. Jedermann erinnerte sich an Margeirrs Unbeliebtheit im Volk, doch seine Bastardsöhne, wenn sie denn von seinem Blut wären, waren bereits Männer, erwachsen, stark und kampferprobt, und seine Tochter mit einem mächtigen Jarl vermählt, wenn ihre Söhne auch den schwächsten Anspruch hätten - während Lífgjarn Sveinnson zweifellos ein lieber Junge, aber eben nur ein Junge war.


Ragnhild glaubte die Sache für ihren Sohn schon verloren, als sich die Schiffsjarle, allen voran Skærðir Stormr, für ihren Jungen stark machten - und zwar alle Schiffsjarle, unabhängig davon, aus welchem Lairdmarka sie stammten. Ihnen folgten völlig überraschend zwei Lairds des Westens, die Lífgjarns Oheim Agnarr Drængrson seinerzeit unterstützt hatten, nämlich Vestfirðir und Fjarland, während Óttar Vendilkráka, Laird von Suðurnes, Gift und Galle spuckte, da er von jeher ein Feind Sveinn Tjúguskeggs gewesen war. Austurland stand ohnehin hinter Lífgjarn, war er doch über Königin Ragnhild, seine Mutter, auch mit der Sippe der dortigen Lairds, den Væringjar, verwandt. Tronje und Trondheim jedoch hielten noch immer treu zu einem möglichen Erben Margeirrs, den sie schon seinerzeit für den legitimsten König gehalten und auch stets unterstützt hatten. Vingarður war auf diesem Allmannathing das Zünglein an der Waage, doch diesmal konnte der Laird sein Land nicht heraushalten. Vingarður, das sich einst durch Heirat mit Haraldar Agnarrson hatte verbinden wollen und eher zwangsweise ein Verbündeter König Hróaldrs und damit auch seiner Machenschaften geworden, das jedoch ebenso kriegsmüde und ausgeblutet war, schlug sich unerwarteterweise ebenfalls auf die Seite des Knaben Lífgjarn (böse Zungen behaupten, dies geschah hauptsächlich aus Angst vor der Rache der Schiffsjarle, da Vingarður fast all seine Drachenschiffe in König Hróaldrs Krieg während der Seeschlacht vor Otta verloren hatte.)


Wie auch immer, die möglichen erwachsenen Erben Margeirrs fanden für ihre Machtansprüche auf diesem Allmannathing kaum Unterstützer, und so wurde der zwölfjährige Lífgjarn Sveinnson aus der Wæfrejar-Sippe im Jahre 302 FZ zum König Normands und Ottur Wæfres Erben bestimmt. Seine Mutter, Königin Ragnhild, die Witwe Sveinn Tjúguskeggs, wurde zur Regentin - und damit zur ersten herrschenden Königin – ernannt, und Jung-Lífgjarn, so erzählt es jedenfalls die Sage, bestand auf Skærðir Stormr als Heerführer. Die Entscheidung Ragnhild, Tochter Laird Hróðbjartr Værings von Austurland, zur Regentin zu machen bis ihr Sohn mündig wäre, erwies sich als Segen für das kriegsgebeutelte Reich. Ragnhild wird in allen Liedern und Sagas als klug, besonnen, gerecht und freigiebig geschildert und bemühte sich sehr, die zahllosen Wunden und tiefen Gräben zu heilen, die im langen Krieg zwischen den Lairdmarkas, den Jarlen, aber auch im einfachen Volk, in vielen Sippen und unter einstigen Schild- und Waffenbrüdern entstanden waren. Sie sorgte für Frieden mit der vermeintlichen Bastard-Tochter Margeirrs des Blinden und den mächtigen Levangr-Jarlen aus Fjarland, indem sie ihren Sohn mit deren ältester Tochter verlobte, als dieser gerade vierzehn war und das Mädchen, Aurda Guðmundrsdottir aus der Skjaldarjar-Sipper, an den Hof in Kingsala holte, damit sie zusammen mit Lífgjarn erzogen werden konnte. So sicherte sie ihren zukünftigen Enkeln eine Abstammung aus beiden Blutlinien, aus der Drængrs und aus der Sigurðurs. Damit gewann sie die mächtigen Lairds von Tronje für ihren Sohn oder besser gesagt für dessen Erben, die schworen einen Nachfahren Lífgjarns und Margeirrs des Blinden zu unterstützen, hatte aber immer noch den Widerstand von Trondheimr und Suðurnes gegen sich. Letzteres wurde auch noch immer von Óttar Vendilkráka Ynglingr regiert, der Lífgjarn ebenso inbrünstig hasste wie einst seinen Vater Sveinn Tjúguskegg.

          
Dennoch gelang es Ragnhild für einige Jahre lang Frieden zu schaffen und Normand erlebte eine Zeit des Aufschwungs und bescheidenen Wohlstands unter ihrer Regentschaft, die bis zum Jahr 308 FZ andauerte. Ihr Sohn Lífgjarn Sveinnson ehelichte Aurda Guðmundrsdottir wie es vereinbart worden war an seinem sechzehnten Namenstag in Kingsala und übernahm die Herrschaft aus den Händen seiner Mutter zwei Jahre später im Jahr 310 FZ. Ragnhild zog sich zurück und ehelichte Skærðir Stormr. Diesen Getreuen, seinen Lebensretter, Ziehvater und einstigen Heerführer, ernannte König Lífgarn umgehend zum Laird und verlieh ihm Stormerlag, die Lande des Nordostens, als Lehen. Aus den Reihen der bis dahin eher nicht so angesehenen Schiffsjarle ernannte er auch die Männer seiner Königsgarde, die ihm samt und sonders treu ergeben waren. Lífgjarn erwies sich als guter König, führte jedoch noch lange Jahre immer wieder Gefechte gegen seine Widersacher. Sein Sohn Játmundr, der später als Játmundr Járnsíða bekannt werden sollte, kam im Jahr 311 FZ zur Welt, der erste Nachfahr der Wæfrejar-Sippe, der seinen Thronanspruch sowohl von seiner Vaterseite zurück zu Drængr, als auch über die Linie seiner Mutter und Großmutter zurück zu Margeirr und damit auch zu Sigurður Ardunafari herleiten konnte. Da er sehr um die Sicherheit seines Sohnes fürchtete, übergab Lífgjarn Játmundr jedoch mit drei Jahren in die Obhut Skærðir Stormrs und Ragnhilds, so dass er in Stormerlag fern des Königshofes erzogen wurde. König Lífgjarn bekam noch acht weitere (und allesamt legitime) Kinder mit Königin Aurda, von denen fünf überlebten, doch den Göttern sei Dank waren alle Töchter, so dass zumindest in näherer Zukunft nicht schon wieder ein Bruderkrieg um die Nachfolge heraufdämmerte.


Die drei angeblichen Bastardsöhne Margeirrs des Blinden, die auf dem Allmannathing des Jahres 302 FZ gegen Lífgjarn unterlegen waren, suchten sich Unterstützung in Trondheim und Suðurnes, fanden jedoch nur bei dem inzwischen greisen, aber kaum weniger boshaften Óttar Vendilkráka Gehör, der ihnen Zuflucht gewährte und Männer, Waffen und Ausrüstung versprach. In Trondheimr dagegen entschied man sich skrupellos dafür, Sverre Erling, einen Nachfahren Sigurður Dagnýrssons, des Königsmörders (obwohl dessen Anspruch nie wirklich bewiesen worden war) als König auszurufen, wie es beim Walsthing des Jahres 315 FZ auch geschah. Lífgjarn berief umgehend ein Allmannathing ein und weigerte sich, Sverre Erling anzuerkennen, dem er zwar zugestand, tatsächlich ein Nachfahr des 'Kongrban' zu sein, doch schließlich (so König Lífgjarn), war Sigurður Dagnýrsson ein 'Lügner, Verräter und Königsmörder, aber ganz sicher kein Nachfahr Dagnýr Wæfres'. Und Ragnhild, die Königsmutter und Lairda Stormerlags, soll Sverre Erling auf dem Allmannathing geraten haben, er solle sich eine Frau edlen Geblüts suchen, mit ihr eine gesunde Tochter zeugen und sie würde dafür sorgen, dass ihr Enkel Játmundr diese zur Frau nähme. Damit solle er sich dann zufrieden geben, aber näher würde er dem Bernsteinthron nicht kommen. So bitter das für sie auch gewesen sein mag, sie tat dies wohl hauptsächlich, um damit die Lairds Trondheimrs zu gewinnen, wie sie einst die Tronjer gewonnen hatte, doch diesmal ging die Rechnung nicht auf. Sverre Erling kehrte nach Trondheimr zurück, wo er formal als König anerkannt worden war und den Winter verbrachte, er ließ sogar ein königliches Siegel prägen und erhob Steuern, war jedoch, Nachfahr oder nicht, kein Mann wie der Kongrban. Im Jahr darauf forderte er König Lífgjarn - wohl um mögliche Angriffe dessen auf Trondheimr im Keim zu ersticken -  zum althergebrachten Holmgang, also zum Zweikampf um den Thron. Lífgjarn nahm die Herausforderung an und tötete Sverre Erling im Frühjahr 316 FZ in Folkvangar vor dem versammelten Allmannathing, das sein Zeuge war.


Der Laird von Trondheimr, Ófeygur Sigtryggr, der Sverre Erling zum König gemacht hatte, verlor daraufhin Macht, Land und Titel, und das Lehen Trondheimr ging an die königstreue Sílfurkapa-Sippe, neuer Laird wurde Eysteinn Sílfurkapa. Im gleichen Jahr starb in Fjarland Laird Hávarðr Bæringur ohne legitime Nachkommen, so dass das Lehen an die mächtigen und mit König Lífgjarn über seine Gemahlin Aurda verwandten Levangr-Jarle ging, was beim Telathing in Fjarland auch mit großer Zustimmung bestätigt wurde. Neuer Laird Fjarlands wurde Ævar Skjaldar, ein Bruder der Königin. Zwei Jahre später, 318 FZ, starb Ragnhild in Stormerlag im Kindbett im Alter von 42 Jahren, und noch im selben Jahr kam die inzwischen siebzigjährige Hlaðgerðr von Vestfirðir, Witwe des einstigen König Agnarr und Eheweib des bösartigen Óttar Vendilkráka, Laird von Suðurnes, halb verhungert und in Lumpen an den Hof des Königs in Kingsala und berichtete, sie habe ihren grausamen Mann verlassen und sei hier, um nicht nur die einstige Ermordung des guten Königs Hákon Haraldarson durch Óttar, sondern auch das Komplott gegen König Lífgjarn und alle seines Blutes durch die Bastarde Margeirrs des Blinden, die er in Suðurnes beherberge und mit denen er sich verschworen habe, zu berichten. Sie erbitte nichts für sich, doch man möge das Leben ihres Sohnes Fornljótur schonen, dem einzigen, der ihr geblieben war, der nichts mit seinem Vater gemein habe und dem König die Treue schwören wolle.


Ob König Lífgjarn Hlaðgerðr von Vestfirðir wirklich aufrichtig dankbar war für ihre Warnung, ob ihn das Schicksal der alten Frau rührte oder welche Gründe er auch gehabt haben mag, er nahm die einstige Königin und Witwe Agnarrs in allen Ehren an seinem Hof auf und begann bald, sie und ihre Weisheit sehr zu schätzen. In den folgenden zehn Jahren sollte sie sowohl kluge Ratgeberin, als auch Vertraute Königin Aurdas und für deren jüngere Töchter fast so etwas wie eine geliebte Großmutter werden.  Mit den Verrätern in Suðurnes befasste der König sich jedoch nicht nur für eine Schlacht, wie allgemein erwartet wurde, sondern für die nächsten zwanzig Jahre. 320 FZ nahm König Lífgjarn zwar Árborg ein und Óttar Vendilkráka gefangen, doch die Usurpatoren-Bastarde Margeirrs flohen, scharten alle Männer um sich, die ihnen folgen wollten und zogen sich in die tiefen, damals noch völlig unbesiedelten Wälder südlich der Kárahnjúkar und in den Dimmerskog zurück. Óttar wurde hingerichtet und sein Sohn Fornljótur neuer Laird von Suðurnes, der dem König die Treue schwor (und sie tatsächlich auch hielt). Die Margeirr-Bastarde jedoch führten in den folgenden Jahren einen lange anhaltenden Stellungskrieg entlang der westlichen Grenzen. Sie verschanzten sich in den Wäldern und flohen in den Dimmerskog, der ihnen sichere Rückzugsgebiete verschaffte, wann immer sie aufgestöbert wurden und überfielen von dort aus immer wieder Dörfer und Siedlungen in Suðurnes, Trondheimr und sogar in Vestfirðir. Die Margeirr-Bastarde bewiesen großes Kampfgeschick, verloren aber durch ihre Raubzüge, Plünderungen und Grausamkeiten jegliche Unterstützung in der Bevölkerung. Ihr kriegerischer Erfolg lag in ihrer Strategie, die darauf beruhte, schnell und ungesehen irgendwo aufzutauchen, zuzuschlagen und ebenso rasch wieder zu verschwinden. Auch wendeten sie große Hinterlist an, agierten in kleinen, beweglichen Einheiten, verachteten althergebrachte Regeln und hielten keine heilige Waffenruhe zu besonderen Zeiten (etwa in den Raunächten).


Das hielt sie beinahe zwanzig Jahre am Leben und die Südwestgrenzen Normands in beständiger Unruhe und Unfrieden, bescherte ihnen jedoch auch keinerlei wirklichen Erfolg auf dem Weg zur Macht, im Gegenteil. Selbst in Gebieten, wo Margeirr der Blinde immer unterstützt worden war, verachtete man seine Bastarde für ihr feiges Gebaren, und mehr als einmal wartete man nach Überfällen gar nicht erst auf fürstliche oder gar königliche Truppen, sondern rotteten sich die Bauern Trondheimrs und Suðurnes' zusammen, um die verhassten Margeirr-Räuber zurück in die Wälder zu zwingen oder so viele von ihnen zu erschlagen, wie möglich. Die Wende brachte die Schlacht an der Dimmafloda im Jahr 337 FZ, in der Fornljótur von Suðurnes fiel, aber auch zwei Anführer und angebliche Söhne Margeirrs, Eysteinn und Eiríkur, wurden erschlagen. Danach gab es nur noch wenige größere Überfälle und kaum noch ernsthafte Kriegshandlungen, und 344 FZ, in einem besonders harten und strengen Winter, tauchten die letzten Margeirr-Räuber halb verhungert und in Lumpen  in Varmahlíð auf, das sie einnehmen wollten, wurden jedoch vom dortigen Jarl und seinen Männern erschlagen. Er ließ ihre Köpfe nach Kingsala bringen und damit hatten die langen Nordischen Königskriege endlich ein Ende.

   
349 FZ starb König Lífgjarn Sveinnson und sein Sohn Játmundr Járnsíða wurde in Kingsala als erster König eines tatsächlich geeinten Normand feierlich gekrönt. Beim Allmannathing im folgenden Frühjahr, 350 FZ, wurde - unter anderem - auch das Thronfolgerecht geändert und festgelegt, dass grundsätzlich der älteste ehelich geborene Sohn eines Königs nach ihm König werden sollte. Hatte der König keine ehelich geborenen Söhne, so solle ihm sein ältester anerkannter Bastard nachfolgen. Hatte ein König überhaupt keine Söhne, so solle die Krone an seine älteste Tochter gehen, die jedoch den Mann zum Gemahl nehmen musste, welchen das Allmannathing dazu bestimmte, König an ihrer Seite zu sein. Nur wenn ein König keine leiblichen Kinder hatte, konnte die Königswürde an seinen Bruder oder seine Schwester gehen. Alle Uneinigkeiten, Zweifel und Streitigkeiten um die Thronfolge durften fortan nur und ausschließlich durch Holmgang zwischen den einzelnen Kontrahenten geklärt werden, kein Thing als das Allmannathing in Folkvangar oder Kingsala war fortan berechtigt, einen Mann zum König auszurufen oder zum Gemahl der Königin zu bestimmen. 

 

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