Ein altes Sprichwort der immerländischen Heilkundigen und Kräutergelehrten besagt: Es gibt kein Leiden, gegen das kein Kraut gewachsen ist! Und auch wenn die Heiler der verschiedenen Völker natürlich längst nicht alle Krankheiten mit Kräuterwissen heilen können, so haben sie doch auch nicht wirklich Unrecht mit diesen Worten. Vom ewigen Eis des hohen Nordens bis zu den feuchtwarmen tropischen Inseln des Südmeers wachsen und gedeihen in allen Regionen der Immerlande die unterschiedlichsten Heil- und Giftpflanzen und viele von ihnen besitzen äußerst wirksame, ja mächtige – oder tödliche - Kräfte. Unter allen Pflanzenarten, von den großen Bäumen bis hin zu den winzigen Sporen von Moosen, Farnen oder Flechten finden sich solche, mit heilenden oder giftigen Wirkstoffen und oft macht allein die Dosis oder Zubereitungsart den Unterschied, ob eine Pflanze zu lindern und zu heilen, oder aber einem armen Unglücklichen großes Leid und Tod zu bringen vermag. Es gibt heilkräftige oder tödlich giftige Pilze ebenso wie fiebersenkende, aber abscheulich schmeckende Rinden und betäubende, süß duftende Blüten. Jedes Volk der Immerlande, ob groß oder klein, kriegerisch oder friedliebend, menschlich oder ganz und gar fremdartig hat sein ganz eigenes, oft regional sehr unterschiedliches Kräuterwissen, das nicht selten schon seit Generationen überliefert wird.
Die allermeisten heilenden und - oder auch - giftigen Pflanzen müssen auf irgendeine Art und Weise behandelt und verarbeitet werden, um ihre besonderen Wirkungen zu entfalten. Das bedeutet, dass sie nicht einfach so angewandt werden können, ohne ihnen auf irgendeine Weise ihre rätselhaften Wirkstoffe zu entlocken. Sie müssen entweder gekocht, extrahiert, getrocknet, bespuckt, ausgepresst, aufgebrüht, zermahlen oder zerstampft, unterschiedlich lange und auf verschiedenste Weise gelagert oder in verschiedenste Flüssigkeiten eingelegt werden. Manches Mal mag es erforderlich sein, sie nur mit silbernen Sicheln bei Vollmond zu schneiden oder im Morgengrauen vor dem ersten Hahnenschrei einzusammeln, andere wieder muss man lange suchen und mühsam ausgraben – aber bitte nur mit einem hölzernen Grabstock, sonst macht man jegliche Wirkung schon vorab zunichte – und ihnen dabei obendrein noch vorsingen, will man sie nicht binnen Herzschlägen verschrumpeln sehen. Die Kräuterkunde ist ein weites Feld, doch die Gelehrten der sogenannten "zivilisierten" Völker bemühen sich vor allem in den letzten Jahrzehnten und Jahrhunderten des mehr oder weniger stabilen Friedens verstärkt darum, möglichst viel Wissen auf diesem Gebiet selbst aus den entlegensten Gegenden des Kontinents zusammenzutragen und in Büchern niederzuschreiben – die genaue Verwendung und Zubereitung eingeschlossen.
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